Hat jetzt mit der Schriftstellerei nicht viel zu tun: Heute vor genau 15 Jahren stieg ich in Osaka aus dem Flugzeug, trat einen anderthalbjährigen Studienaufenthalt in Kyoto und Tokyo an. Im Nachhinein verwundert mich, woher ich damals den Schneid nahm, mich auf dieses Abenteuer einzulassen. Ich kann mich nicht entsinnen, in den Nächten vor dem Flug schlecht geschlafen oder vor dem Abflug mehr als nur eine leichte Flauheit im Magen verspürt zu haben. Und das, obwohl ich bisweilen schon Herzklopfen bekomme, wenn ich nur eine fremde Person anrufen muss.
Ich kann mich auch noch erinnern, dass ich nach der ersten Nacht in Japan, also am 1. 10. 1992, durch die Straßen rund um mein Wohnheim tigerte und mich wie zu Hause fühlte. Die 18 Monate hindurch hatte ich nie mit Heimweh zu kämpfen, und im Gegensatz zu den meisten meiner Mitstudenten flog ich zwischendurch nie zurück.
Die Zeit war auf ihre Weise perfekt (wenn auch nicht frei von Ärgernissen). Ich war jung, ich war frei, ich kam mit der Sprache und größenteils auch mit der Kultur zurecht. Ich fühlte mich fähig, an jedem Ort dieser Erde leben zu können - natürlich eine extreme Selbstüberschätzung, denn in kaum einem Land ist man so behütet wie in Japan. Trotzdem: Das Gefühl war da, die ganzen Monate über, und es war eine wundervolle Zeit.
Schriftstellerisch leistete ich nicht so viel, wie ich mir vorgenommen hatte. Auf einem sogenannten "Wapro", einem schlichten Wordprocessor, tippte ich ein paar kurze Erzählungen und einige Fragmente, akzeptable Arbeiten für meine Verhältnisse, aber wie gesagt, nur wenige an der Zahl. Dafür las ich viel und verbrachte jeden einzigen Tag (und das ist keine Übertreibung) mehrere Stunden in Buchläden. Bis heute schmökere ich gerne in japanischsprachigen Büchern, obwohl meine Lesegeschwindigkeit nur etwa die Hälfte des Deutschen beträgt. Auch wenn ich aus Zeitgründen selten dicke Wälzer auf Japanisch verschlinge, kaufe ich mir bei jedem Japanaufenthalt gehörig neuen Lesestoff, und auch bei meinem aktuellen Nippon-Trip im Juli dieses Jahres waren die Buchläden mein Hauptanlaufspunkt. Die Andersartigkeit all dessen, was auf dem japanischen Markt ist, hält meinen Geist vielleicht offen für neue Inspirationen. Und die Rolle, die das Lesen im japanischen Alltag einnimmt, ist Balsam für jemanden, der Bücher mag und Bücher schreibt. Darüber sicher in späteren Blogeinträgen mehr.
Vor fünfzehn Jahren brach ich also nach Nippon auf. Und ein beträchtlicher Teil von mir ist nie mehr von dort zurückgekehrt ...
Sonntag, 30. September 2007
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4 Kommentare:
Hallo Martin,
hab ja lange Zeit nichts von mir hören lassen, es sei denn du verfolgst meinem Blog - wobei da auch recht lange Funkstille war. Ich hab vor 3 Tagen mein einjähriges, in Japan gefeiert (gefeiert weniger, aber zumindest bemerkt und für mich gewürdigt). Und jetzt geht es auf das 2 Jahr zu. Hätte ich vorher gewusst was ich mir eingelassen habe, ich hätte mich für verrückt erklärt. Und obwohl ich kein Heimweh habe und mich hier mittlerweile pudelwohl fühle, auch wenn es mit der Sprache noch ordentlich hapert, ist mir hier erst bewusst geworden wie wichtig die Menschen die einem Nahe stehen sein können.
In diesem Sinne wünsche ich dir und deinen beiden Damen alles gute von der Insel, und grüss' mir deine Kurse.
Toni
Hi Toni,
ja, dein Blog verfolge ich sporadisch, wobei ich in den letzten Monaten nicht mehr so oft zum Reinschauen komme wie zuvor. Stimmt ja, es ist schon ein Jahr her, dass du abgedüst bist. Freut mich wirklich zu hören, dass es dir gut geht. Ist ein Ende des Aufenthalts denn schon in Sicht?
Die Grüße richte ich natürlich gerne aus!
Martin
Solche schönen Erinnerungen hätte ich auch gerne, doch leider war ich noch nicht einmal in Japan, aber ich arbeite daran mir diesen Traum doch noch zu verwirklichen. Der Text klingt so als wäre Japan damals eine zweite Heimat geworden.
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